Vitamine und Schlaf

Der Schlaf beeinflusst die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen, da er für verschiedene regenerative Prozesse eine wichtige Rolle spielt. Ein Mangel an Schlaf kann zum Beispiel das Immunsystem schwächen.

Während des Schlafes stellt das Gehirn seine Energiereserven in Form von Glykogen wieder her. Bei Glykogen handelt es sich um ein Kohlenhydrat, das die Nervenzellen im Gehirn mit Energie versorgt.

Darüber hinaus ist der Schlaf für das Gedächtnis von großer Bedeutung. Wegen der zahlreichen Funktionen des Schlafes interessiert sich auch die Wissenschaft dafür, wie sich das nächtliche Ausruhen fördern lässt. Die Forscher haben dabei verschiedene Vitamine als potenzielle Einflussfaktoren ausgemacht. Die entsprechenden Untersuchungen beschäftigen sich zum Beispiel mit B-Vitaminen und Vitamin D.

Beispielhafte Studien über den Zusammenhang von Schlaf und Vitaminen

Menschen, die unter einem Mangel an Vitamin D leiden, weisen häufiger eine Schlafstörung auf als andere. Sowohl die Schlafdauer als auch die Qualität des Schlafes sind geringer. Darüber hinaus korreliert ein Vitamin-D-Mangel damit, dass die Person tagsüber müde ist. Zu diesen Erkenntnissen kommen Wissenschaftler um Qi Gao in einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2018.

Auch in Experimenten wurde bereits untersucht, wie sich die Einnahme von Vitamin D auf den Schlaf auswirkt. In einem Versuch von Majid und Kollegen (2017) schliefen 20–50-jährige Studienteilnehmer nach Beginn der Vitamin-D-Einnahme besser als eine Kontrollgruppe, die nur ein Placebo erhielt.

Eine japanische Studie von 2017 von Komoda und anderen nannte unter anderem das Vitamin B12 als eine mögliche weitere Einflussgröße für den Schlaf. Die Annahme, dass Vitamin B12 sich auf den Schlaf auswirkt, ist jedoch nicht neu. Zum Beispiel veröffentlichten Ohta und seine Kollegen bereits 1991 einen wissenschaftlichen Artikel, in dem sie von der erfolgreichen Behandlung zweier jugendlicher Schlafstörungs-Patienten mit Vitamin B12 berichteten.

Gibt es auch widersprüchliche Ergebnisse?

Da auf diesem Gebiet noch ein hoher Forschungsbedarf besteht, ist es nicht verwunderlich, dass manche Studien keinen oder sogar einen negativen Zusammenhang zwischen Vitaminen und verschiedenen Schlafparametern herstellen.

In einer Studie kamen die Wissenschaftler rund um Kenneth L. Lichtstein 2008 beispielsweise zu dem Ergebnis, dass die Teilnehmer, die solche Nahrungsergänzungsmittel zu sich nahmen, häufiger aufwachten und dabei länger aufblieben als solche, die keine zusätzlichen Vitamine oder Mineralien schluckten. Außerdem wachten die Supplement-Konsumenten häufiger auf als die anderen. Die Angaben beruhten auf Fragebögen und einem zweiwöchigen Schlaftagebuch.

Bei dieser Studie wurden jedoch lediglich statistische Zusammenhänge betrachtet und keine kausale Abhängigkeit bewertet. Deshalb bleibt unklar, ob der schlechtere Schlaf auf den Vitaminen beruhte oder ob umgekehrt Menschen mit Schlafproblemen eher zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen.

Auf welchem Weg könnten Vitamine den Schlaf beeinflussen?

Vitamine sind Stoffe, die der menschliche Körper nicht ausreichend selbst herstellen kann. Deshalb sind Menschen darauf angewiesen, sie über die Nahrung zu sich zu nehmen. Das Vitamin D nimmt dabei eine Ausnahmeposition ein, da die Haut es bei ausreichend Sonnenlicht selbst synthetisieren kann.

In der Schlafforschung gibt es nach wie vor viele ungeklärte Fragen. Welche Rolle Vitamine für den Schlaf spielen, beginnt die Wissenschaft ebenfalls gerade erst zu begreifen.

Ein möglicher Weg, auf dem Vitamine die Qualität oder die Dauer des Schlafes beeinflussen könnten, sind bekannte biochemische Stoffe im Körper. Dabei sind drei Stoffe besonders interessant, wie z. B. Peuhkuri, Sihvola und Korpela 2012 festhielten:

Bei Tryptophan handelt es sich um eine Aminosäure. Die Substanz ist in manchen leichten Schlafmitteln enthalten. Darüber hinaus weisen einige Studien darauf hin, dass Lebensmittel mit Tryptophan sich positiv auf den Schlaf auswirken können.

Melatonin ist ein Hormon, das vom Gehirn ausgeschüttet wird, wenn es abends dunkel wird. Über diesen Mechanismus reguliert der Körper seinen Schlaf-Wach-Rhythmus und passt sich an den Wechsel von Tag und Nacht an. Melatonin leitet die Tiefschlafphase ein. Ältere Menschen weisen durchschnittlich eine geringere Konzentration an Melatonin auf. Innerhalb der EU können Ärzte Melatonin für Patienten verschreiben, die an klinischen Durch- und Einschlafproblemen leiden und älter als 55 Jahre sind.

Gemeinsam betrachtet sind Tryptophan, Melatonin und Serotonin auch deshalb interessant, weil sie im Körper miteinander zusammenhängen. Das Gehirn bildet Melatonin aus Serotonin, das seinerseits auf Tryptophan basiert.

Verschiedene B-Vitamine stehen in einem Zusammenhang mit der Aminosäure Tryptophan. In einigen Artikeln werden die Vitamine B3 und B6 genannt. Deshalb halten einige Schlafexperten es für vielversprechend, die exakte Rolle dieser B-Vitamine weiter zu untersuchen.

Schlaf ist eine komplexe Angelegenheit

Neben Vitaminen können auch Mineralien wie Magnesium und Zink die Dauer des Schlafes beeinflussen (Ji, Grandner & Liu, 2016). So kann ein Magnesiummangel beispielsweise den Schlaf beeinträchtigen. Einer Unterversorgung mit Kalium oder Eisen wird ebenfalls ein negativer Effekt auf den Schlaf nachgesagt.

Der Schlaf gibt der Wissenschaft also immer noch viele Rätsel auf. Nach derzeitigem Kenntnisstand erscheint es wahrscheinlich, dass manche Vitamine die Schlafqualität, -dauer und andere Parameter beeinflussen können. Die Wirksamkeit von Vitamin-Präparaten muss jedoch im Einzelfall untersucht und beurteilt werden.

Quellen

Alle Links wurden am 1.10.2020 abgerufen.

Hannah Binks, Grace E. Vincent, Charlotte Gupta, Christopher Irwin & Saman Khalesi (2020): „Effects of diet on Sleep. A narrative review“. Nutrients. https://www.mdpi.com/2072-6643/12/4/936/htm.

Qi Gao, Tingyan Kou, Bin Zhuang, Yangyang Ren, Xue Dong & Qiuzhen Wang (2018): „The association between vitamin D deficiency and sleep disorders: A systematic review and meta-analysis“. Nutrients. https://www.mdpi.com/2072-6643/10/10/1395/htm.

Xiaopeng Ji, Michael A. Grandner & Jianghong Liu (2016): „The relatioship between micronutient status and sleep patterns: a systematic review“. Public Health Nutrition. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5675071/.

Gerda Kneifel (2016): „Schlafstörungen: Häufig – und deutlich unterschätzt“. Deutsches Ärzteblatt. https://www.aerzteblatt.de/archiv/174912/Schlafstoerungen-Haeufig-und-deutlich-unterschaetzt.

Yoko Komoda, Hajime Narisawa, Fumitaka Ueda & Hitomi Saito (2017): „Relationship between self-reported dietary nutrient intake and self-reported sleep duration among Japanese adults“. Nutrients. https://www.researchgate.net/publication/313779787_Relationship_between_Self-Reported_Dietary_Nutrient_Intake_and_Self-Reported_Sleep_Duration_among_Japanese_Adults.

Kenneth L. Lichtstein, Kristen L. Payne, James P. Soeffing, H. heith Durrence, Daniel J. Taylor, Bant W. Riedel & Andrew J. Bush (2008): „Vitamins and sleep: An exploratory study“. Sleep Medicine. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2174691/?kbid=95278.

Tatsuro Ohta, K. Ando, T. Iawta, N. Ozaki, Y. Kayukawa, M. Terashima, T. Okada & Y. Kasahara (1991): „Treatment of persistent sleep-wake schedule disorders in adolescents with methylcobalalmnin (vitamin B12)“. Sleep. https://academic.oup.com/sleep/article/14/5/414/2742838.

Katri Peuhkuri, Nora Sihvola & Riitta Korpela (2012): „Diet promotes sleep duration and quality“. Nutrition Research. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0271531712000632.

Mohammad Shahi Majid, Hosseini Seyed Ahmad, Helli Bizhan, Haghighi Zade Mohammad Hosein & Abolfathi Mohammad (2017): „The effect of vitamin D supplement on the score and quality of sleep in 20-50 year-old people with sleep disorders compared with control group“. Nutritional Neuroscience. https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/1028415X.2017.1317395.

 

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